07.11.2025
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Das aktuelle Sparkassen-Tourismusbarometer 2025 legte einen Untersuchungsschwerpunkt auf die Themen Tourismusakzeptanz, Lebensqualität, Identifikation mit dem Tourismus sowie infrastrukturelle Rahmenbedingungen und liefert erstmals ein erweitertes Kennzahlenset zum Einfluss des Tourismus auf das Leben vor Ort. Grundlage der Studie ist eine hybride Bevölkerungsbefragung von 2.012 Einwohnerinnen und Einwohnern in Ostdeutschland – davon 400 in Mecklenburg-Vorpommern, die durch das dwif vom 22. Januar bis 11. Februar 2025 durchgeführt wurde. Die Stichprobe ist nach Alter, Herkunft, Geschlecht und regionaler Herkunft quotiert und repräsentativ für die Wohnbevölkerung.
Mit einem Tourismusakzeptanzsaldo für den Wohnort (TAS-W) von +61 erreicht Mecklenburg-Vorpommern den Spitzenwert in Ostdeutschland und gleichzeitig den höchsten je im Land gemessenen Wert. Der ostdeutsche Durchschnitt liegt bei +54. Die Bevölkerung bewertet die Auswirkungen des Tourismus überwiegend positiv; lediglich 22,6 Prozent ordnen sie neutral ein – weniger als in allen anderen ostdeutschen Ländern.
Auch der persönliche Nutzen wird positiv eingeschätzt (TAS-P: +28), wenngleich hier vor allem jüngere Menschen deutlich zurückhaltender sind. Einheimische unter 30 Jahren sind neutraler eingestellt und nehmen wirtschaftliche Vorteile sowie persönliche Nutzenaspekte schwächer wahr als ältere Gruppen.
Die Bevölkerung in Ostdeutschland bewertet das Gästeaufkommen überwiegend positiv; rund die Hälfte empfindet die Zahl der Touristinnen und Touristen als angemessen; nur ein kleiner Anteil sieht ein Zuviel an Gästen. In Mecklenburg-Vorpommern nehmen jedoch mit 14 Prozent deutlich mehr „zu viele“ Gäste wahr.
Die Studie zeigt, dass insbesondere Imageeffekte und Freizeitangebote als positive Auswirkungen genannt werden. In Mecklenburg-Vorpommern stimmen 81,1 Prozent einer touristisch bedingten Imagesteigerung zu – ein Höchstwert im Ländervergleich. Ebenso wird das Freizeitangebot stärker genutzt als anderswo (73,4 Prozent).
Auf der anderen Seite fallen Belastungen deutlicher ins Gewicht: 63,3 Prozent der Befragten in MV sehen den Tourismus als Ursache für Verkehrsprobleme, deutlich mehr als in jedem anderen ostdeutschen Bundesland. Auch Umweltbelastungen werden überdurchschnittlich oft wahrgenommen (49,2 Prozent). Diese Polarisierung – starke Wahrnehmung von Vorteilen und Nachteilen zugleich – zeichnet die touristisch intensiv genutzten Regionen im Land aus.
Mecklenburg-Vorpommern weist gemeinsam mit Brandenburg die höchsten Anteile an Menschen auf, die ihre Lebensqualität als hoch bewerten. Insgesamt ordnen 40 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung ihre Lebensqualität einem hohen Bereich zu; in MV liegt der Wert mit 45 Prozent oberhalb dieses Durchschnitts. Dabei zeigt sich über alle Länder hinweg ein Altersgefälle: Jüngere Menschen schätzen ihre Lebensqualität seltener als hoch ein und äußern geringere Identifikation mit ihrem Wohnort.
Die stärkste Identifikation mit dem Wohnort findet sich ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern: 64,5 Prozent fühlen sich hier stark an ihren Wohnort gebunden – 61 Prozent an das Bundesland.
Die freizeittouristische Infrastruktur wird in vielen Bereichen positiv bewertet, vor allem Natur-, Rad- und Wanderangebote. Deutliche Defizite bestehen bei Schlechtwetterangeboten, Wellness- und Gesundheitsinfrastruktur sowie Flanier- und Shoppingmöglichkeiten. Trotz hoher Zufriedenheit gibt es klare Entwicklungswünsche. Zu den am häufigsten genannten Bedarfen für ganz Ost-Deutschland zählen: zusätzliche Bademöglichkeiten und Schwimmbäder, vielfältigere Gastronomie, mehr Veranstaltungen und kulturelle Angebote. 23 Prozent der Befragten geben allerdings an, dass ihnen nichts fehlt.
Die Bevölkerung sieht im gesamten Untersuchungsraum Mobilität als zentrale Herausforderung. 51,5 Prozent der Befragten in Mecklenburg-Vorpommern wünschen sich Verbesserungen im ÖPNV. Besonders Mecklenburg-Vorpommern weist teilweise große Distanzen zu Haltestellen auf; gleichzeitig wird hier der Verkehrsraum am stärksten als belastet empfunden.
Auch die digitale Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor. Kommunen mit hoher touristischer Intensität verfügen in MV nur zu rund zwei Dritteln über Breitbandanschlüsse ≥ 90 Mbit/s – ein Wert unterhalb des ostdeutschen Durchschnitts und deutlich unterhalb vergleichbarer Regionen in Thüringen oder Sachsen-Anhalt.
Das Tourismusbarometer zeigt: Die Tourismusakzeptanz ist hoch, stärker als in jedem anderen ostdeutschen Land. Positive Effekte werden intensiv wahrgenommen, insbesondere für Image, Freizeitmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Belastungsthemen treten deutlicher hervor, vor allem Verkehr und Umwelt. Lebensqualität und Identifikation liegen über dem ostdeutschen Durchschnitt, jedoch mit klaren Herausforderungen bei jungen Bevölkerungsgruppen. Strukturelle Faktoren wie ÖPNV und digitale Anbindung bleiben Engpässe, die für Gäste und Einheimische gleichermaßen relevant sind.
Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer strategischen Weiterentwicklung des Tourismus im Einklang mit der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern. Zentrale Stellschrauben bleiben Mobilität, Beteiligung und transparente Kommunikation – ergänzt durch Investitionen in Infrastruktur und Freizeitangebote, die sowohl Gästen als auch Bewohnern zugutekommen.
Ergebnisbericht zum Download